Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten… All diese kirchlichen Feste sind jeweils mit einem konkreten biblischen Ereignis verbunden. Jesus wird geboren, er wird gekreuzigt und auferweckt, fährt in den Himmel auf oder lässt von Gott Vater den Heiligen Geist schicken: den Beistand, den er den Jüngerinnen und Jüngern versprochen hat und der sich an Pfingsten in Feuerzungen auf jedem niederlässt und dafür sorgt, dass sich alle verstehen und eine weltumspannende Kirche entsteht.
Aus dieser Konstellation von Vater, Sohn und Heiligem Geist entsteht die so genannte Dreifaltigkeit, die wir an diesem Sonntag (in der evangelischen Kirche „Trinitatis“ genannt) ehren. Durch dieses Fest bekommt die Trinität etwas Konkretes – und bleibt doch zugleich das wohl Abstrakteste, was unser christlicher Glauben zu bieten hat. Wie muss man sich das vorstellen? Den Geist? Geschickt vom Vater, angekündigt vom Sohn? Drei, die eins sind?
Gegenfrage: Muss man es sich denn vorstellen? Der Theologe Joseph Ratzinger (später Papst Benedikt XVI.) schreibt von dem dreieinen Gott als einem „Bereich, in dem nur das demütige Geständnis des Nichtwissens wahres Wissen“ sein kann. Dazustehen und sich trotz aller Unbegreiflichkeit zu einem dreieinen Gott zu bekennen; zu akzeptieren, dass wir im Gottes-Glauben nicht alles erklären können, das – so Ratzinger – ist der „Verzicht auf die Anmaßung des Bescheidwissens“.
Ursache für die Kirchenspaltung
Aus verschiedenen Gründen hat die Kirche im Laufe der Jahrhunderte dann aber doch versucht, das abstrakte und buchstäblich unfassbare Geheimnis greifbar und vermittelbar und damit für die Menschen verständlich zu machen. Das war sicherlich gut gemeint. Aber die Folge – wenn wir zweitausend Jahre Kirchengeschichte und zahlreiche Konzilien und Synoden zusammenfassen – war immer Streit. Die Dreifaltigkeit ist nicht nur etwas sehr Abstraktes, sondern zugleich etwas sehr Umstrittenes. Wie Vater, Sohn und Heiliger Geist sich zueinander verhalten, wer aus wem hervorgeht, wie die „richtige“ Erklärung dafür aussieht usw. – Diese Frage ist mitursächlich für die bis heute währende Kirchenspaltung von West und Ost.
Interessanterweise ist aber die Trinität wie kaum etwas anderes präsent in unserem Glaubensleben: mit jedem Kreuzzeichen zu Beginn und Ende eines Gottesdienstes, im Glaubensbekenntnis, bei der Taufe, bei jeder Doxologie am Ende eines Psalms („Ehre sei dem Vater, und dem Sohn und dem Heiligen Geist…“) nennen wir die drei Personen. Und das geht. Ganz einfach. Unvorstellbar.